21.08.2020 | Limousinen | Fahrbericht + Test | Galerie
Komfortable Sportlimousine Audi S4 TDI im Test
Autor: Sven Eisenkrämer
Der Audi S4 hat mittlerweile einen V6-TDI unter der Haube. Wir sind die aktuellste Variante der Sportversion des Audi A4 B9 gefahren und haben mit Fokus auf den Antrieb herausgefunden, wie sich der Diesel-S4 schlägt.
Design + Optik: Der S4 TDI war der erste aus der aufgehübschten B9-Reihe mit Facelift-Optik und dem auffällig neuen Scheinwerfer- und Rückleuchtendesign mit einzelnen, präsenten LED-Segmenten. An der Front dominieren neben dem massiven Sechskant-Kühlergrill die geänderte Stoßstange für das S-Modell und der angedeutete Spalt an der Grenze zur Motorhaube, der an den Audi Sport Quattro von 1980 erinnern soll. Alu-Elemente in Wabengrill, die S-Front und ...
... die S-Heckschürze mit vierfachen Abgasendrohren sowie S4-Schriftzüge zeigen eindeutig, dass es sich um das Sportmodell handelt. Understatement? Sieht anders aus! Damit weckt der S4 TDI schon von außen Emotionen. Unserem Testfahrzeug steht außerdem die Farbe Turboblau hervorragend, finden wir.
Die Limousine ist 4770 Millimeter lang, samt Spiegel 2022 mm breit und 1404 mm hoch. Der Radstand beträgt 2825 mm. Zum Testzeitpunkt hatte unser S4 noch Winterräder montiert – hier gibt es vor allem für den Sommer attraktivere Felgen für dieses Fahrzeug.
Motor + Antrieb: Vor dem Facelift 2019 war der Audi S4 mit einem V6-Ottomotor ausgestattet, jetzt ist hierzulande ein V6-Turbodiesel verbaut, der VW EA 897 in der evo2-Entwicklungsstufe.
Der Diesel brummt kernig trotz guter Dämmung. Gefühlt eine halbe Gedenksekunde gönnt sich allerdings die Wandler-Automatik. Dann aber entfalten sich Drehmoment und Leistung – leider aber auch synthetisch wirkender Sound. Beim Fahren schaltet die Automatik sehr weich und meistens sportlich-schnell.
Der V6 mit 3 Litern Hubraum ist seit 2017 bekannt aus diversen Audi-Modellen. Für die Befriedigung der sportlichen Bedürfnisse im Antrieb sorgt im S4 neben einem Abgasturbolader auch ein elektrischer Verdichter. Damit liefert der Motor wie im S5 und SQ5 255 kW (347 PS) bei 3850 U/min. Das maximale Drehmoment liegt bei 700 Nm bei 2500 bis 3100 U/min – 200 Nm mehr als beim Vorgänger mit Otto-Turbomotor.
Der V6 ist längs eingebaut, das zeigt schon die Achtgang-Anzeige: Eine Acht-Stufen-Wandlerautomatik statt dem 7-Gang S-Tronic Doppelkupplungsgetriebe ist im S4 TDI verbaut. Im herkömmlichen A4 setzt Audi auf 12-Volt-Mild-Hybrid oder Micro-Hybrid-System. Im S4 TDI kommt eine 48-Volt-Mild-Hybrid-Architektur zum Einsatz. Herzstück ist der 48-V-Riemen-Starter-Generator. Er erlaubt ein Rekuperieren und schnelles Wiederstarten nach dem Segelmodus oder dem Stopp an einer Ampel. Sensoren wie Radar und Kamera sind mit dem MHEV-System gekoppelt. Das ermöglicht einen prädiktiven Wiederstart des Motors über den RSG bei losfahrendem Vordermann. Die erweiterte Start-Stopp-Automatik agiert bis zu einer Geschwindigkeit von 22 km/h. Der RSG sorgt für einen verzögerungsfreien Wiederstart des Dieselmotors beim Übergang vom Anhaltevorgang zur Beschleunigungsphase. Das Antriebsmanagement schaltet je nach Fahrsituation beim Zurücknehmen des Fahrpedals in Segel- Oder Rekuperationsbetrieb, was durch die Anzeige im Virtual Cockpit dem Fahrer angezeigt wird. Das steigert insgesamt tatsächlich den Komfort für den Fahrer. Laut Audi hat das MHEV das Potenzial, 0,4 Liter Kraftstoff auf 100 km zu sparen. Ob diese Ersparnis am Ende eine Relevanz für den Nutzer hat, darf er selbst entscheiden.
Bei der Rekuperation werden immerhin bis zu 8 kW elektrische Leistung erzeugt, die in die 48-V-Batterie gespeist werden. Ein DC-DC-Wandler macht diese Energie auch für das 12-Volt-Netz verfügbar – beim Segeln mit deaktiviertem Motor versorgt dann nämlich 48-Volt-Batterie mit 0,5 kWh Kapazität das 12-Volt-Netz bis zu 40 Sekunden lang mit Energie. Abnehmer sind beispielsweise die Lenkung oder die Getriebeölpumpe.
Das Ansprechverhalten ist dank Diesel-Drehmoment und elektrischem Verdichter noch mächtiger als beim Vorgänger-S4 mit Ottomotor. Die 255 kW und 700 Nm Drehmoment beschleunigen TDI laut Hersteller in 4,8 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Auch ohne Stoppuhr ist das absolut glaubhaft, bis 200 km/h denkt der Audi gar nicht an eine Atempause. Der elektrische Verdichter sorgt mit maximal 65.000 U/min für eine Spitzenleistung von 7 kW für maximal 3 Sekunden. Damit wird der größer ausgelegte Abgasturbolader in Bereichen mit geringem Ladedruck unterstützt. Kurzum: Der elektrische Verdichter eliminiert auch sehr zuverlässig das Turboloch. Bei 250 km/h ist abgeregelt Schluss.
Fahrwerk + Sicherheit: Ein S-Modell kommt selbstredend mit Quattro. Der permanente Allrad-Antrieb sorgt gemeinsam mit elektronischer Momentsteuerung an den einzelnen Rädern und optional mit einem Sportdifferenzial an der Hinterachse für ein agiles, direktes Kurvenverhalten der Limousine. In der Basis kommt der S4 mit einem S-Sportfahrwerk und einer Tieferlegung von 23 Millimetern gegenüber des A4, ebenfalls optional ist ein Fahrwerk mit aktiver Dämpferregelung, das über das Steuergerät der "Elektronischen Fahrwerkplattform" (EFP) geregelt wird und mit den Fahrdynamikprogrammen des Audi Drive Select zusammenspielt. Selbst im Dynamic-Fahrmodus ist die Limousine knackig-sportlich unterwegs und kommt nah an die Eigenschaften eines echten Sportwagens heran.
Die Matrix-LED-Scheinwerfer von Audi überzeugen regelmäßig, das ist auch beim S4 TDI nicht anders. Starke Leuchtkraft mit definierter Hell-Dunkel-Grenze und die automatische, selektive Ausblendung von anderen Verkehrsteilnehmer aus dem Fernlichtkegel machen das Audi-Licht zu einem der besten auf dem Markt. Wie nahezu bei jedem System dieser Art gibt es allerdings Grenzbereiche, in denen das System nicht ohne Einwand funktioniert. Sind beispielsweise nachts auf der Autobahn die Scheinwerfer eines auf der Gegenspur fahrenden LKW durch die Mittelschutzplanken für die im Audi integrierte Kamera verdeckt, reichen die Positionslichter des Lasters nicht aus, um ihn als Fahrzeug zu erkennen. Der LKW wird voll angestrahlt, was stets ein manuelles Abblenden erforderlich macht. Dann ist die Matrix-Funktion faktisch nutzlos.
Ausstattung + Komfort: Der Eindruck innen zeugt von höchster Qualität, wie man es von Audi gewohnt ist. Leider auch gewohnt ist man, dass von einem Modell zum Nachfolger gefühlt weniger Platz im Inneren vorhanden ist, auch beim B9 ist das der Fall.
Die mehrfach elektrisch einstellbaren Sportsitze sind erstaunlich weich, weswegen man sich trotz engen Cockpits weit weg vom Rennstreckenfeeling befindet, sondern lieber damit auf die komfortable Langstrecke bewegt. Das S-Lederlenkrad sieht gut aus, hat eine angenehme Haptik und passende Proportionen. Audi-typisch sind die Bedienelemente gut erreichbar und übersichtlich angeordnet.
Infotainment + Connectivity: Der große, aufgesetzte Touchscreen wirkt im Gegensatz zu den integrierten Bedienelemente wie ein Fremdkörper im horizontal ausgerichteten Cockpit. Er ist zudem weit weg vom Fahrer positioniert und lässt sich nicht mit einem Drehschalter oder Ähnlichem über die Mittelkonsole bedienen. Die Ablenkungsgefahr beim "Touchen" ist hoch. Aber Audi hat für die meisten Situationen unterwegs immerhin eine gute Sprachsteuerung in seinen Systemen implementiert, die zwar noch nicht mit komplett natürlicher Sprache zurecht kommt, aber die Standard-Befehle beispielsweise zur Navigation meist sauber erkennt. Das Virtual Cockpit als Tacho-Ersatz wirkt wie bei Audi üblich etwas überfrachtet, lässt sich aber personalisieren und auch reduziert darstellen.
Kritik + Fazit: Diesem Sport-Audi fehlt vielleicht ein wenig an Sound, der Diesel brummt eher laut, als dass er knackig dröhnt wie bei Otto-S-Modellen. Doch das gesamte Fahrverhalten macht das wieder wett. Der S4 TDI ist hauptsächlich ein Sportler für die Langstrecke, weshalb auch die für einen Sportwagen eher untypischen Massage-Sitze gut passen. 7,5 bis 9,8 Liter Diesel im Durchschnitt hat der S4 während unseres Tests gebraucht – je nach Fahrmodus und Fahrverhalten. Für eine Sportlimousine mit dieser Leistung ist das akzeptabel.
Der Selbstzünder hat noch viel Potenzial, das zeigt dieser S4. Die Kritik der Audi-Fangemeinde an dem Wechsel vom Otto-Motor zum TDI bei S-Modellen ist insgesamt nicht gerechtfertigt.
Abschließend noch der Preis: In der Basis kostet der S4 TDI etwas mehr als 62.000 Euro. In der Version unseres Testwagens schlug ein Listenpreis von knapp 85.000 Euro zu Buche.
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August 21, 2020 at 01:40PM
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